Ober- und Untersumme 
 
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Ober- und Untersumme


Im letzten Abschnitt haben wir versucht die Fläche unterhalb der Funktion $f(x)=x^2$ im Intervall $[1,4]$ anzunähern. Hier haben wir drei Rechtecksflächen, die alle unterhalb des Graphen lagen, aufaddiert. Diese Summe heißt auch Untersumme, da man nur Rechtecke benutzt hat, die unterhalb des Graphen liegen.
Man kann die Funktion aber auch mittels der Obersumme bestimmen. Dazu unterteilen wir das Intervall wieder in drei gleichgroße Teile und nähern nun die Fläche von oben an.
3HTAM: Obersumme bei einer Parabel
Wir erhalten demnach: \begin{align} \overline{A}_3 &= A_1 + A_2 +A_3 \\ &= 1\cdot f(2) + 1 \cdot f(3) + 1 \cdot f(4) \\&= 4 + 9 + 16 = 29 \end{align} Wie man erkennt gilt in diesem Fall $\underline{A}_3 \leq 21 \leq \overline{A}_3$. 21 soll die exakte Fläche sein. Dass diese exakte Fläche zwischen Untersumme und Obersumme liegt gilt generell.

Ober- und Untersummen-Ungleichung

Für die gesuchte Fläche unterhalb eines Graphen gilt folgende Ungleichung: \[ \text{Untersumme } \quad \ \leq \quad \text{ gesuchte Fläche } \quad \leq \quad \text{ Obersumme}\]
Mit diesem Punkt haben wir nun gezeigt, dass die gesuchte Fläche einen Wert zwischen 14 und 29 annimmt. Aber wie können wir einen genaueren Wert erreichen? Ganz einfach, wie unterteilen das Intervall in noch mehr Teile, um so die Fläche immer besser mit Rechtecken aus zustopfen. Im nachfolgenden Bild ist die Rechteckbreite nicht mehr 1 sondern nur noch $0{,}25$.
3HTAM: feinere Obersumme bei einer Parabel
Allgemein gilt nun Folgendes.

Ober- und Untersumme

Unterteilen wir das Intervall $[a,b]$ in $n$ gleichgroße Teile, so hat jedes Teilintervall die Länge $h = \frac{b-a}{n}$. Nun wählen wir aus jedem Teilintervall den kleinsten (größten) $y$-Wert aus. Den zugehörigen $x$-Wert nennen wir für das $i$-te Teilintervall $x_i$. Somit ergibt sich die Untersumme (Obersumme) zu: \[ S_n = h \cdot f(x_1) + h \cdot f(x_2) + \ldots + h \cdot f(x_n) \]
Was passiert nun, wenn man immere kleinere Rechtecke nimmt? Irgendwann müssten die Flächen der Ober- und Untersumme gleich sein. Da die exakte Fläche dazwischen liegt, hat man so diese bestimmt. Mathematisch passiert dies im Unendlichen als Grenzwert, sofern dieser existiert.

Fläche als gemeinsamer Grenzwert

Gegeben ist eine stetige Funktion, die auf dem Intervall $[a,b]$ nur positive Werte annimmt. Dann wird durch den gemeinsamen Grenzwert von Unter- und Obersumme der Inhalt der Fläche unterhalb des Graphen bestimmt. \[\lim\limits_{n \to \infty} \underline{A}_n = \lim\limits_{n \to \infty} \overline{A}_n = A\]
Dabei ist $\underline{A}_n$ die Untersumme, die in $n$ Teile aufgeteilt ist, und $\overline{A}_n$ die Obersumme, die ebenfalls in $n$ Teile aufgeteilt ist. Dieser Satz sagt also nichts großartig neues aus. In anderen Worten beschreibt sie nur, wenn wir das Intervall genügend oft unterteilen, also $n \to \infty$, und die Untersumme gleich der Obersumme ist, dann haben wir die Fläche best möglichst approximiert, da die obige Ungleichung gilt.

Beispiel

Nun wollen wir abschließend die Fläche unter einem Graphen mit dieser Methode bestimmen. Dafür nehmen wir uns den einfachsten Graphen, nämlich $f(x)=x$ in den Grenzen von $0$ bis $3$. Natürlich kann man die Fläche auch mittels Dreiecksberechnung bestimmen, aber wir wollen es nun einmal mittels Ober- und Untersumme versuchen.
Unser erster Schritt ist das Bestimmen von der Intervalllänge $h$. Für diese gilt: \[ h = \frac{b-a}{n} = \frac{3}{n}\] Dann kommen wir zu den Funktionswerten. Fangen wir mit der Untersumme an. Hier wählen wir immer den kleinsten $y$-Wert in einem Teilintervall aus. Da unsere Funktion streng monoton steigend ist, nehmen wir die linke Intervallgrenze als $x$-Wert. Demnach ergibt sich folgende Summe: \[ \underline{A}_n = \frac{3}{n} \cdot f(0) + \frac{3}{n} \cdot f\left(\frac{3}{n}\right) + \frac{3}{n} \cdot f\left(2\frac{3}{n}\right) + \ldots + \frac{3}{n} \cdot f\left((n-1)\frac{3}{n}\right) \] Als erstes können wir unsere Breite $h=\frac{3}{n}$ ausklammern. Dies vereinfacht unsere Gleichung zu: \[ \underline{A}_n = \frac{3}{n} \cdot \left( f(0) + f\left(\frac{3}{n}\right) + f\left(2\frac{3}{n}\right) + \ldots + f\left((n-1)\frac{3}{n}\right) \right)\] Nun setzen wir $f(x)=x$ und klammern anschließend $\frac{3}{n}$ nochmals aus, da dieser Faktor in jeder Summe vorkommt. \begin{align} \underline{A}_n &= \frac{3}{n} \left( 0 + \frac{3}{n} + 2 \frac{3}{n} + \ldots + (n-1)\frac{3}{n} \right) \\ \underline{A}_n &= \frac{3}{n} \cdot \frac{3}{n} \left( 1 + 2+ 3 + \ldots (n-1) \right) \end{align} Nun haben wir bei dieser Aufgabe das Problem, dass wir mit $\left( 1 + 2+ 3 + \ldots (n-1) \right)$ nur schlecht rechnen können. Für diesen Ausdruck, hat aber der Mathematiker Gauß in seiner Schulzeit einen schönen geschlossenen Ausdruck gefunden. Es gilt nämlich die folgenden Regel:

Gaußsche Summenformel

Die Summe der ersten $n$ natürlichen Zahlen ergibt sich zu: \[ 1 + 2 + 3 + \cdots + n = \sum_{k=1}^n k = \frac{n(n+1)}{2} = \frac{n^2+n}{2} \]
In unserem Fall geht die Summe nur bis $n-1$. Demnach lautet ein äquivalenter Ausdruck $\frac{(n-1) \cdot n}{2}$. Diesen setzen wir nun in die Formel von oben ein und können die Untersumme weiter vereinfachen. \begin{align} \underline{A}_n &= \frac{9}{n^2} \left( \frac{(n-1) \cdot n}{2}\right) \\ \underline{A}_n &= \frac{9}{n^2} \cdot \frac{n^2-n}{2} \\ \underline{A}_n &= \frac{9n^2-9n}{2n^2} \\ \underline{A}_n &= \frac{9n^2}{2n^2} - \frac{9n}{2n^2} \\ \underline{A}_n &= 4{,}5 - \frac{9}{2n} \end{align} Nun müssen wir noch die Obersumme berechnen. Für diese wählen wir in jedem Teilintervall die rechte Grenze. Demnach folgt: \begin{align} \overline{A}_n &= \frac{3}{n} \cdot f\left(\frac{3}{n}\right) + \frac{3}{n} \cdot f\left(2\frac{3}{n}\right) + \ldots + \frac{3}{n} \cdot f\left(n\frac{3}{n}\right) \\ \overline{A}_n &= \frac{3}{n} \cdot \frac{3}{n} \left( 1+2+3+ \ldots + n\right) \\ \overline{A}_n &= \frac{9}{n^2} \cdot \frac{n \cdot (n+1)}{2} \\ \overline{A}_n &= \frac{9n^2+9n}{2n^2} \\ \overline{A}_n &= \frac{9n^2}{2n^2} + \frac{9n}{2n^2} \\ \overline{A}_n &= 4{,}5 + \frac{9}{2n} \end{align} Um den Flächeninhalt nun zu bestimmen, müssen wir nur noch $n$ gegen Unendlich laufen lassen. Wenn wir dies machen geht $\frac{9}{2n} \to 0$. Demnach konvergieren die Unter- und Obersumme gegen: \begin{align} \lim\limits_{n \to \infty} \underline{A}_n &= 4{,}5 \\ \lim\limits_{n \to \infty} \overline{A}_n &= 4{,}5 \end{align} Da Unter- und Obersumme übereinstimmen, ist der gemeinsame Grenzwert (hier 4{,}5) die gesuchte Flächengröße. Also ist die Fläche $4{,}5$ FE groß.

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