Bildbearbeitung mal anders
Fotos und Co sind im digitalen Zeitalter nicht mehr wegzudenken. Jeder hat heutzutage die Möglichkeit Fotos zu schießen.
Sei es mit einer Digitalkamera, Spiegelreflex oder immer häufiger mit einem Smartphone. Gefällt einem das Bild nicht, so kann
es einfach gelöscht werden. Dank Photoshop, Paint oder Gimp ist die Bearbeitung der gemachten Fotos ein Kinderspiel.
Genauso wie ich mit 3HTAM einen neuen Blickwinkel auf verschiedene Themen der Mathematik gebe, möchte ich hier eine neue Betrachtungsweise
für Bilder geben. 3HTAM ist durch eine Spiegelung entstanden. Warum soll man dies nicht auch auf Bilder anwenden? Ok, eine Punkt- oder
Achsenspiegelung bekommen selbst die kleinsten Bildbearbeitungsprogramme hin. Außerdem würde sich das Bild kaum ändern.
Trotzdem hat mir der Gedanke sehr gefallen, ein Bild durch Spiegelungen zu verändern. Als Spiegel nutze ich in diesem Artikel eine Ellipse.
Nun werden die Pixel an der Ellipse gespiegelt und verfremden so das ursprüngliche Bild.
Beispielbilder
Diese beiden Bilder entstammen demselben Ausgangsbild. Es wurde nur der Spiegel (also die Ellipse) verändert. Schon eine Idee um
welches Originalbild es sich handelt? Die Auflösung gibt es
hier.
x
Das Originalbild sind die Olympischen Ringe. Vielleicht hast du sie ja an der Farbe erkannt ;)
Die Bilder haben schon etwas Künstlerisches an sich. Außerdem hat man ein paar Freiheitsgrade bei einer Veränderung,
sodass nicht jede Spiegelung gleich aussieht.
- Die Position der Ellipse.
- Die beiden Radien/Brennweiten der Ellipse.
Da wir uns hier bei 3HTAM auf einer Matheseite befinden, wollen wir diese Spiegelung nun auch mathematisch beschreiben.
Weiter unten gibt es noch die Möglichkeit selber eine solche Spiegelung durchzuführen.
Galerie
Hier gibt es noch eine weitere kleine Sammlung, die sich mit der Zeit noch etwas erweitert.
Was ist eine Ellipse
Eine Ellipse kann man als einen verformten Kreis ansehen.
Mathematisch ist eine Ellipse durch die folgende Gleichung beschrieben:
\[ \frac{y^2}{b^2} + \frac{x^2}{a^2} = 1 \]
Eine eindeutige Funktion gibt es nicht, da fast alle $x$-Werte zwei verschiedene $y$-Werte haben. Wir können also nur die obere und untere
Hälfte getrennt voneinander angeben.
\begin{align}
y &= b \cdot \sqrt{ 1 - \frac{x^2}{a^2}} \\
y &= -b \cdot \sqrt{ 1 - \frac{x^2}{a^2}}
\end{align}
$a$ und $b$ sind die beiden Achsen der Ellipse. Setzen wir $a=b=1$ so erhalten wir den bekannten Einheitskreis mit Radius 1.
Was ist eine Spiegelung?
Bei einer Spiegelung muss man immer zwei „Punkte“ beachten:
- Welchen Punkt will man spiegeln? (im Folgenden $A$)
- An welchem Punkt will man spiegeln? (im Folgenden $S$)
Um den ersten Punkt $A$ muss man sich weniger Gedanken machen. Dieser ist in der Regel schon angegeben. Aber wie erhält man nun den Spiegelpunkt
$S$? Bei einer Punktspiegelung ist dieser ebenfalls angegeben, nicht aber bei einer Spiegelung an einer Geraden $g$.
$S$ ist nichts anderes als der Lotfußpunkt, der durch die senkrechte Verbindung von $A$ zur Geraden $g$ entsteht. Hat man diesen Lotfußpunkt
bestimmt, so kann man nun mittels einer einfachen Punktspiegelung am Spiegelpunkt $S$ den Punkt $\tilde{A}$ bestimmen.
Was bedeutet dies für unsere Ellipsenspiegelung? Zwar ist eine Ellipse keine Gerade, aber man kann trotzdem mindestens einen Lotfußpunkt finden.
An diesem Punkt lässt sich dann der Ausgangspunkt spiegeln.
Diese Herangehensweise ist etwas umständlich für unser Vorgehen. Außerdem gibt es einige Punkte in der Ellipse, die mehrere
verschiedene Lotfußpunkte besitzen. Welchen Punkt man dann als Spiegelpunkt nutzt müsste man dann erst einmal klären.
Die Spiegelung an der Ellipse
Machen wir uns als erstes noch einmal die Situation klar.
Als Spiegelpunkt $S$ nutzen wir nun nicht den Lotfußpunkt, sondern den Schnittpunkt der Geraden durch $M$ und $A$ mit der Ellipse.
Dadurch erhalten wir eine zentrische Streckung des Bildes mit verschiedenen Streckungsfaktoren.
Nun müssen wir zwei Situationen unterscheiden. Entweder ist unser Ausgangspunkt im Inneren der Ellipse oder außerhalb. Wir
wollen hier nur die erste Situation demonstrieren, da die zweite Variante analog geht. Außerdem gehen wir davon aus, dass $M$
im Koordinaten-Ursprung liegt.
Eine Ellipse können wir anhand der beiden Radien in 4 Bereiche aufteilen. Unser Beispielpunkt $A$ hat die Koordinaten $(x_A|y_A)$.
Frage: Mit was muss ich $A$ skalieren um auf $S$ zu kommen?
Anders ausgedrückt sucht man nun ein $\lambda \in \mathbb{R}$ sodass der Punkt $(\lambda \cdot x_A|\lambda \cdot y_A)$ auf der Ellipse liegt.
Mathematisch muss $\lambda$ dann die Ellipsengleichung erfüllen.
\[ \frac{\lambda^2 y^2}{b^2} + \frac{\lambda^2x^2}{a^2} = 1 \]
Klammert man $\lambda$ in der obigen Gleichung aus und zieht anschließend die Wurzel, so ergeben sich die beiden Lösungen:
\[ \lambda = \pm \frac{1}{\sqrt{\frac{y_A^2}{b^2} + \frac{x_A^2}{a^2}}} \]
Die zentrische Streckung der jeweiligen Punkte wollen wir nun mittels der Abstände durchführen. Wir haben die folgenden Abstände beziehungsweise Gleichungen:
\begin{align}
d_1 &= \| \overline{MA} \| \\
d_2 &= \| \overline{MS} \| = \lambda \cdot d_1 \\
d_3 &= \| \overline{AS} \| = d_2 - d_1 \\
d_4 &= \| \overline{S\tilde{A}} \| = d_3 \\
d_5&= \| \overline{ M\tilde{A}} \| = d_2 + d_4
\end{align}
Frage: Und wie erhalten wir aus diesen Abständen nun den Punkt $\tilde{A}$?
Die entscheidenen Abstände sind $d_1$ und $d_5$. Beide geben den Abstand des Punkte $A$ und $\tilde{A}$ zum Mittelpunkt $M$ an.
Da dieser gerade im Ursprung liegt, erhalten wir den gespiegelten Punkt durch eine Skalierung von $A$. Setzen wir $d_2$ bis $d_4$ in die
Gleichung für $d_5$ ein, so erhalten wir:
\[ d_5 = \color{red}{(2 \lambda - 1)} \cdot d_1 \]
Der rot gekennzeichnete Faktor ist zeitgleich der Skalierungsfaktor für unsere Spiegelung.
Die beiden neuen Koordinaten lauten demnach:
\begin{align}
\tilde{x}_A &= \left( 2\lambda - 1\right) \cdot x_A \\
\tilde{y}_A &= \left( 2\lambda - 1\right) \cdot y_A
\end{align}
Los geht’s!