In dieser Serie möchte ich einige ungewöhnliche
Methoden vorstellen, wie man rechnen kann. Ob sie Vereinfachungen
bieten, schneller sind oder doch nur umständlich, wird
sich in den jeweiligen Artikeln zeigen. Aber auch die eigene subjektive
Meinung kann sehr unterschiedlich ausfallen.
Anfangen wollen wir mit der Bauernmultiplikation, oft auch russische
Bauernmultiplikation genannt, da sie im Altertum vorwiegend in Russland
aber auch in Deutschland angewendet wurden ist. Entstanden ist das
Verfahren aber nicht unbedingt in Russland, denn schon die alten
Ägypter hatten ein sehr ähnliches Verfahren um zwei
Zahlen miteinander zu multiplizieren. Genau darum geht es auch bei der
Bauernmultiplikation. Man möchte zwei große Zahlen
schnell und einfach miteinander multiplizieren und dafür so
wenig wie nötig „schwierige“
Rechenoperationen durchführen.
Heutzutage lernt man in der Grundschule das 1 mal 1. Aber im
Mittelalter hatten nicht alle Menschen das Recht auf eine solche
Bildung. Sie beherrschten eventuell nur die Addition. Genau
für diese Bevölkerungsgruppe ist das Verfahren
bestens geeignet, denn neben der Addition muss man nur eine Zahl
verdoppeln beziehungsweise halbieren können. Nehmen wir uns
hierfür ein Beispiel:
\begin{align} 17 \cdot 13 \end{align}
In der heutigen Zeit ist diese Rechnung einfach. Auch ohne Handy oder
Taschenrechner könnte man das Ergebnis einfach im Kopf bestimmen. Aber
wie hat man dies früher im Mittelalter berechnen
können, ohne die schriftliche Multiplikation zu verwenden?
Zuerst macht man eine Tabelle mit 3 Spalten. In die ersten beiden
Spalten kommen die beiden Faktoren hin. In die dritte Spalte schreiben
wir erneut den zweiten Faktor. Diese Spalte dient zum Schluss der
Addition der einzelnen Werte.
Was passiert jetzt? Die erste Zahl („13“) wird nun
halbiert und die zweite Zahl („17“) wird
verdoppelt. Die Hälfte von 13 ist 6,5. Wenn wir beim
Halbieren keine natürliche Zahl erreichen (wie beim Halbieren
von 13), dann runden wir das Ergebnis ab. In die zweite Zeile schreiben
wir demnach:
Diese Vorgehensweise führen wir soweit fort, bis in der ersten
Spalte eine Eins steht. Hierfür müssen wir vorerst
nur die einzelnen Werte halbieren beziehungsweise verdoppeln. Wir
müssen also keine „höhere“
Mathematik verwenden.
13 |
17 |
17 |
6 |
34 |
34 |
3 |
68 |
68 |
1 |
136 |
136 |
Wie kommen wir nun zum Ergebnis der Multiplikation? Es gab ja noch die
dritte Spalte - die Ergebnisspalte. Addieren wir nun
die letzte Spalte auf so würde man
\begin{align}
17+34+68+136 = 255
\end{align}
erhalten. Jedoch ist $13 \cdot 17$ nicht $255$, sondern $221$. Wir haben
also noch einen kleinen Fehler in der Rechnung. Schaut man sich aber
die Differenz zwischen den beiden Werten („255“ und
„221“) an, so fällt einem vielleicht auf,
dass die Differenz genau 34 ist. Dies ist unser zweiter Summand. Aber
warum müssen wir gerade diesen nicht beachten? Was ist an
dieser Zeile anders, als bei den Anderen? In der linken Spalte steht
hier und nur hier eine gerade Zahl. In diesem Fall wird die Zahl ganz
rechts einfach durchgestrichen. Wir haben also die folgende
Übersicht:
13 |
17 |
17 |
6 |
34 |
34 |
3 |
68 |
68 |
1 |
136 |
136 |
|
|
221 |
Das Ergebnis haben wir nur mit einfachen Mitteln erhalten, ohne das 1 mal 1 beherrschen zu müssen.
An dieser Stelle kann man sich nun zwei Fragen stellen:
- Warum funktioniert das?
- Wieso muss ich in der zweiten Zeile die 34 durchstreichen?
Diese beiden Fragen wollen wir nun im Folgenden klären. Wir
nehmen den ersten Faktor und schreiben ihn als Summe von 2er Potenzen
auf, also:
\begin{align}
13 = 8 + 4 + 1
\end{align}
Mit $2^0=1$ folgt nun weiter:
\begin{align}
13 = 2^3 + 2^2 + 2^0
\end{align}
Schaut man sich nun die Exponenten an, so erkennt man dass $2^1$ fehlt.
Multipliziert man diesen Faktor mit Null so ändert sich nichts
an dem Wert. Wir können ihn also ergänzen.
\begin{align}
13 = 2^3 + 2^2 + 0\cdot 2^1 + 2^0
\end{align}
Nun multiplizieren wir diesen Ausdruck mit 17.
\begin{align}
13\cdot 17 &= \left(2^3 + 2^2 + 0\cdot 2^1 + 2^0\right) \cdot
17 &&|\text{ ausmultiplizieren} \\
&= 2^3 \cdot 17
+2^2 \cdot 17 +0 \cdot 2^1 \cdot 17 +2^0 \cdot 17 \\
&=8 \cdot 17 + 4 \cdot 17 + 0 \cdot 2 \cdot 17 + 1 \cdot 17 \\
&= 136 + 68 + 0 \cdot 34 + 17
\end{align}
In der letzten Zeile stehen nun unsere vier Summanden, wie wir sie
schon mittels der Bauernmultiplikation her kennen. Man erkennt gut,
dass die 34 nicht verwendet wird.
Fazit: Die Bauernmultiplikation ist eine Methode die nur einfache
Mittel benötigt. Dies war vor allem im Mittelalter eine gute
und schnelle Methode um Zahlen mit einander zu verrechnen. Bei der
heutigen Schulbildung sollte man das 1 mal 1 beherrschen. In diesem
Falle ist die schriftliche Multiplikation etwas schneller. So wenigstens meiner Meinung nach.